Das Wort des Jahres 2023? Krisenmodus. Diese Entscheidung traf eine Jury der Gesellschaft für deutsche Sprache am 8. Dezember. Die Begründung liest sich wie eine kompakte Geschichte der letzten vier Jahre: „Wir sind umzingelt von Krisen. Noch nicht bewältigte Krisen wie Klimawandel, der Russland-Ukraine-Krieg oder die Energiekrise werden von neuen Krisen eingeholt ... Der Ausnahmezustand ist längst zum Dauerzustand geworden. Gefühle wie Unsicherheit, Ängste, Wut, Hilflosigkeit und Ohnmacht prägen den Alltag vieler Menschen.“
Tatsächlich schlagen die vielen Krisen auf die gesellschaftliche Stimmung, das zeigen diverse Umfragen der letzten Zeit. Aber sie haben auch einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Schaden verursacht. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) schätzt, dass die letzten vier Jahre zu Ausfällen von insgesamt rund 545 Milliarden Euro geführt haben, vor allem durch weniger privaten Konsum und fehlende Investitionen der Wirtschaft.
Die Wirtschaft wartet auf die Wende
So ist es kein Wunder, dass auch der Ausblick der Wirtschaft für den Jahresanfang trüb ausfällt. Im Dezember befragte das IW insgesamt 47 Branchenverbände. Gerade einmal 9 Verbände rechneten damit, im kommenden Jahr mehr zu produzieren. 15 gingen davon aus, dass sich die Lage kaum verändern wird, die übrigen 23 Verbände waren pessimistisch und glaubten, dass 2024 noch schlechter werde als 2023. Ähnliches zeigte sich auch bei der Frage nach Investitionen: Nur 8 Verbände gingen davon aus, dass ihre Mitgliedsunternehmen mehr investieren, 22 rechneten mit einem Rückgang.
In ihrer Projektion geht die Bundesregierung aber davon aus, dass sich die deutsche Wirtschaft im Jahresverlauf 2024 langsam von diesen Belastungen erholen und wieder an Dynamik gewinnen wird. Insgesamt wird in der Jahresprojektion für dieses Jahr mit einer Steigerung des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts in Höhe von 0,2 Prozent gerechnet. 2025 wird die Wirtschaftsleistung laut ifo Institut dann um 1,5 Prozent zulegen. Wachstumsimpulse dürften dabei vor allem vom privaten Verbrauch ausgehen: Die inflationsbedingten Kaufkraftverluste der privaten Haushalte dürften zunehmend überwunden werden und deutlich anziehende Löhne in Verbindung mit einer insgesamt robusten Beschäftigung zu einer Belebung des privaten Konsums führen.
Arbeitsmarkt zeigt sich robust
Auch der Arbeitsmarkt wird durch den anhaltenden Wirtschaftsabschwung beeinträchtigt. Die Zahl der Erwerbstätigen steigt laut der Prognose des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Jahresverlauf 2024 zwar um 190.000 auf 46,12 Millionen Personen. Mit einem Anstieg um 120.000 nimmt allerdings auch die Zahl der Arbeitslosen zu und liegt damit für 2024 bei 2,73 Millionen Personen. Insgesamt haben sich vor allem die Jobchancen von Arbeitslosen nicht wieder nachhaltig erholt, seit sie mit Pandemiebeginn eingeknickt waren. Entsprechend liegt die Langzeitarbeitslosigkeit deutlich über dem Vor-Corona-Niveau.
Das Erwerbspersonenpotenzial wird im Jahr 2024 erneut wachsen. Für den Jahresdurchschnitt erwartet das IAB einen Anstieg um rund 200.000 auf 48,58 Millionen Personen. Insgesamt bleibt das Institut optimistisch, was die Entwicklung des Arbeitsmarkts angeht: „Die Beschäftigung wird nicht einknicken. Tatsächlich ist der Anteil der Beschäftigten, die arbeitslos werden, auf dem zweitniedrigsten Niveau seit dem Wirtschaftswunder. Das sichert Einkommen und bewahrt die Volkswirtschaft damit vor einer ausgeprägten Rezession“, so Prof. Dr. Enzo Weber, Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ im IAB.
Mit Künstlicher Intelligenz für die Zukunft gerüstet
Die Stabilität des Arbeitsmarkts liegt auch am demografischen Wandel: In den nächsten 12 Jahren werden die zahlenmäßig stärksten Jahrgänge, geboren zwischen 1957 und 1969, in den Ruhestand gehen, Arbeitskräfte werden knapp. Eine Hoffnung der Wirtschaft: dass Künstliche Intelligenz (KI) dabei hilft, Beschäftigte noch produktiver zu machen und damit die negativen Effekte des demografischen Wandels zumindest teilweise abzumildern.
Seit Jahren nimmt der Anteil an Unternehmen zu, die aktiv KI einsetzen. Hochgerechnet nutzen bereits rund 600.000 Unternehmen in Deutschland KI, das entspricht rund 17 Prozent aller Unternehmen in Deutschland, so eine Studie von IW Consult, einer Tochtergesellschaft des Instituts der deutschen Wirtschaft, im Auftrag von Google. Rund 330 Milliarden Euro könnte generative KI in Zukunft zur Bruttowertschöpfung in Deutschland beitragen, zum Beispiel durch erhebliche Produktivitätssteigerungen: Arbeitnehmer in Deutschland könnten in Zukunft im Durchschnitt 100 Stunden im Jahr durch diese Anwendungen einsparen, so die Prognose von IW Consult. Der Einsatz von KI steht dabei in Zusammenhang mit dem Unternehmenserfolg: Während 19 Prozent der KI-nutzenden Unternehmen ein Beschäftigtenwachstum ausweisen, ist dies nur bei 6 Prozent der Unternehmen der Fall, die KI noch nicht nutzen.
Beim Einsatz von generativer KI hat das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland eine Schlüsselrolle, so eine weitere Studie von IW Consult zur Hannover Messe 2024. Denn bereits die Hälfte der betreffenden Industriebetriebe setzt schon heute KI ein. Damit liegt die Branche deutlich über dem Durchschnitt der deutschen Wirtschaft.
Wichtige Wahlen im Sommer und Herbst
Gleich drei Landtagswahlen finden im Herbst in Deutschland statt, alle drei in ostdeutschen Bundesländern: Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Aber nicht nur in Deutschland, auch international stehen zwei wichtige Wahlen an: die Wahl zum Europäischen Parlament im Juni sowie die Wahl zum US-Präsidenten im November. Deren Ausgang ist ungewiss und wird in Deutschland mit großer Spannung erwartet – zählt die USA doch für viele Branchen zu den wichtigsten Handelspartnern.
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben hierzulande also noch eine Weile von Schwierigkeiten und Unsicherheiten geprägt. Zu den Risiken gehören neben ungewissen Wahlausgängen auch hohe Unsicherheiten mit Blick auf die geopolitischen Konflikte, die zu erneuten Preisanstiegen, zum Beispiel bei Energie, führen könnten. Es scheint daher nicht unwahrscheinlich, dass die Wirtschaft auch 2024 den Krisenmodus noch nicht ganz verlassen kann.
Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW)
Am 24. Februar jährte sich der russische Einmarsch in die Ukraine zum zweiten Mal. Dieser Tag markierte einen Einschnitt in der deutschen Energiepolitik: Die vergangenen zwei Jahre waren von dem Versuch geprägt, möglichst schnell unabhängig von russischem Gas zu werden.
Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, zieht Bilanz: „Dank des guten Zusammenspiels von Energiewirtschaft und Politik ist es gelungen, die Energieversorgung in Deutschland auch ohne russische Gaslieferungen jederzeit sicherzustellen ... Innerhalb weniger Monate wurde die Gasversorgung in Deutschland erfolgreich auf ein neues Fundament gestellt. Das ist ein großer Erfolg.“ Dieser Erfolg ging aber auf Kosten des Klimaschutzes, so Andreae. „In dieser Zeit mussten wir jedoch klimapolitisch einen Schritt zur Seite machen: Kohlekraftwerke wurden wieder ans Netz gebracht, um die Versorgungssicherheit zu stärken. Hier müssen wir jetzt entschieden gegensteuern.“
Die Entwicklung geht aber schon jetzt in die richtige Richtung: Erneuerbare Energien haben im Jahr 2023 knapp 52 Prozent des Bruttostromverbrauchs gedeckt. Das zeigen vorläufige Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden- Württemberg (ZSW) und BDEW. Damit ist der Anteil um fünf Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen und liegt erstmals für ein Gesamtjahr über der Marke von 50 Prozent. Für Kerstin Andreae ein Grund, stolz zu sein: „Einst haben viele den Erneuerbaren nur einen einstelligen Anteil am Stromverbrauch zugetraut, heute nutzen wir mehr Strom aus erneuerbaren als aus konventionellen Quellen und haben die 100 Prozent Erneuerbare fest im Blick.“
Einen besonders hohen Anteil erneuerbaren Stroms gab es 2023 in den Monaten Juli (59 Prozent), Mai (57 Prozent) sowie Oktober und November (jeweils 55 Prozent). Im Juni erreichte die Stromerzeugung aus Photovoltaik einen neuen Allzeit-Rekord: 9,8 Milliarden Kilowattstunden wurden in diesem Monat aus Solarenergie produziert. Die Stromerzeugung aus Windenergie an Land erreichte 2023 einen neuen Rekord mit 113,5 Milliarden Kilowattstunden.
Diesen Erfolg dokumentiert auch der Bericht zum Treibhausgasausstoß des Umweltbundesamts: Im Jahr 2023 wurde der stärkste Rückgang beim Ausstoß von Treibhausgasen seit 1990 verzeichnet. Insgesamt sind die Emissionen seit 1990 in Deutschland damit um 40,4 Prozent gesunken. Die Zielwerte des Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) sind damit für Deutschland insgesamt eingehalten.
Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie e. V. (textil+mode)
Energiekosten sind für Hersteller der deutschen Textil- und Modeindustrie das größte Problem, gefolgt von fehlender Planungssicherheit – so das Ergebnis der Konjunkturumfrage von textil+mode 2024. Für zwei Drittel der Unternehmen trägt auch die Bürokratie in Deutschland zu einer schlechten bis sehr schlechten Bewertung des Standorts Deutschland bei. Ein Viertel der Unternehmen verlagert deshalb Produktion ins Ausland; fast 10 Prozent erwägen, Teile der Produktion stillzulegen. Für Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer beim Gesamtverband textil+mode, ist diese Bestandsaufnahme ein eindeutiger Beleg: „Die Produktion hochspezialisierter Textilien in Deutschland, die in der ganzen Welt hohes Ansehen genießt, ist zum unternehmerischen Risiko geworden.“
So ist die Stimmung der Hersteller von technischen Textilien auf einem Tiefpunkt, die Einschätzung der Lage für 2024 ist teilweise schlechter als zu Corona-Zeiten. Über die Hälfte der befragten Textilhersteller beurteilt die wirtschaftliche Lage zu Beginn dieses Jahres als schlecht. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr ging nur jeder Fünfte mit einer derart negativen Beurteilung der wirtschaftlichen Lage ins neue Jahr.
„Textilunternehmen liefern in zahlreiche Schlüsselindustrien und haben das Know-how, Kreislaufwirtschaft und Klimaneutralität voranzubringen. Können die Unternehmen nicht mehr in Deutschland produzieren, reißen wichtige Lieferketten in unserem Land.“
Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer beim Gesamtverband textil+mode
Deutscher Industrieverband für Optik, Photonik, Analysen- und Medizintechnik e. V. (SPECTARIS)
Nach einem erfolgreichen Jahr 2022 erwirtschaftete die deutsche Analysen-, Bio- und Labortechnik 2023 einen Umsatz von 11,22 Milliarden Euro, was einem nominalen Minus gegenüber dem Vorjahr von 4,2 Prozent entspricht. Die am 9. April auf der Weltleitmesse analytica in München veröffentlichten Branchenzahlen zeigen, dass sich insbesondere das internationale Geschäft schwierig gestaltet. Der Auslandsumsatz lag 2023 mit 5,96 Milliarden Euro um 6,8 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Das Inlandsgeschäft sank um 0,8 Prozent auf 5,26 Milliarden Euro. Aufgrund der schwachen Geschäftsentwicklung ging auch die Zahl der Beschäftigten der rund 330 Betriebe leicht auf 52.600 Mitarbeiter zurück.
„Auch in der deutschen Industrie für Analysen-, Bio- und Labortechnik ist der Exportmotor im vergangenen Jahr ins Stottern geraten“, kommentierte Mathis Kuchejda, Vorsitzender der Analysen-, Bio- und Labortechnik bei SPECTARIS, die Zahlen. Für 2024 ist die Rückkehr auf den Wachstumspfad aber fest eingeplant: So rechnet der Industrieverband für das Geschäftsjahr 2024 mit einem Umsatzplus der deutschen Hersteller von nominal rund fünf Prozent, was einem Gesamtumsatz von dann 11,76 Milliarden Euro entsprechen würde. Auch die Prognosen für das weitere Marktwachstum sorgen für Lichtblicke: Die Marktforschungsgesellschaft Strategic Directions International rechnet bis 2027 mit einem jährlichen Wachstum des Weltmarkts für Analysen-, Bio- und Labortechnik von 5 Prozent.
Die deutschen Hersteller von Augenoptik und Consumer Optics konnten nach vorläufigen Berechnungen von SPECTARIS das Jahr 2023 dagegen mit einem leichten nominalen Umsatzwachstum von 1,0 Prozent auf 4,92 Milliarden Euro abschließen. Allerdings blieb auch dieses positive Ergebnis aufgrund der deutlich eingetrübten Konsumneigung der Verbraucher etwas unter den Erwartungen. Mirjam Rösch, Vorsitzende der Consumer Optics bei SPECTARIS, ordnet die Entwicklung trotz aktuell schwierigerer Rahmenbedingungen positiv ein: „Auch 2023 ist die Augenoptik trotz der vielen Herausforderungen eine Zukunftsbranche geblieben. Neben den unterschiedlichsten Sehanforderungen und dem fortschreitenden demografischen Wandel sorgt der Anstieg an Fehlsichtigkeit auch bei immer mehr jungen Menschen für einen stetig steigenden Bedarf an Brillen und Kontaktlinsen.“ Langfristig stehen die Zeichen also auf Wachstum.
Großes Potenzial sieht SPECTARIS in der Künstlichen Intelligenz (KI). Denn von KI unterstützte Systeme und Lösungen erobern zunehmend den Laboralltag. Gerätehersteller, wissenschaftliche Institute, Softwareunternehmen und Anwender haben sich in den letzten Jahren intensiv diesem spannenden Forschungsgebiet gewidmet und können Ergebnisse präsentieren, die zeigen, wie tiefgreifend die transformative Kraft von KI im Labor bereits heute ist. Jörg Mayer, Geschäftsführer von SPECTARIS, ist vom Potenzial der Technik überzeugt: „Künstliche Intelligenz wird ein wichtiger Hebel sein, um Forschende oder ärztliches Personal zu entlasten, Effizienzgewinne zu realisieren, den medizinischen Nutzen zu erhöhen und den wissenschaftlichen Fortschritt zu beschleunigen.“
Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie e. V. (Gesamtmetall)
Die Produktion in der Metall- und Elektro-Industrie (M+E-Industrie) lag 2023 zwar um 2,6 Prozent über dem Vorjahr, allerdings nur aufgrund von Nachholeffekten in der ersten Jahreshälfte, die auf einer verbesserten Materiallage und aufgestauten Aufträgen basierten. Die Erholung ist aber in der zweiten Jahreshälfte 2023 gekippt. Im vierten Quartal 2023 ging die Produktion das zweite Quartal in Folge wieder zurück. Das Produktionsniveau liegt damit wieder rund 10 Prozent unter dem Stand des Vorkrisenniveaus von 2018.
„Neben der Produktion waren auch Umsatz und Absatz im vierten Quartal weiter rückläufig. Zusätzlich zum schwachen Inlandsgeschäft sinken vor allem die Erlöse außerhalb der Eurozone. Mit Blick auf die schwache Auftragslage und den anhaltenden Pessimismus ist eine Fortsetzung des Abwärtstrends wahrscheinlich. 2024 dürfte die M+E-Produktion daher um 2 bis 3 Prozent sinken“, fasst Gesamtmetall-Chefvolkswirt Lars Kroemer die Lage in der mit knapp 4 Millionen Beschäftigten größten deutschen Industriebranche zusammen.
Die Nachfrage wird von den M+E-Firmen weiterhin schlecht bewertet, die Auftragsbestände stützen die Lage weit weniger als erhofft: 36 Prozent der M+E-Firmen melden für das erste Quartal 2024 Auftragsmangel als Produktionshindernis. Die Kapazitätsauslastung ging auf 83 Prozent zurück, womit sie unter dem langjährigen Mittelwert von 85 Prozent liegt. Sowohl die Nachfrage im Inland als auch aus dem Ausland sei weiterhin rückläufig. Das spreche gegen die erhoffte Belebung in diesem Jahr, und das obwohl der IWF seine Prognose für die Weltwirtschaft zuletzt angehoben hat.
Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH)
Für die E-Handwerke war 2023 erneut ein erfolgreiches Jahr. Das ergab eine Berechnung des ZVEH auf Grundlage der aktuellen Handwerkszählung sowie der vorläufigen Handwerksberichterstattung des Statistischen Bundesamts für 2023. So konnte die Branche ihren Umsatz im vergangenen Jahr erneut steigern – und das trotz der zunehmend schwierigen Situation im Bausektor.
Mit einem Plus von 7,9 Prozent und einem Gesamtumsatz von 87,8 Milliarden Euro stellen die E-Handwerke weiterhin das größte installierende Gewerk dar. Zwar geht ein Teil der von den E-Handwerken erzielten Umsatzsteigerungen auf inflationsbedingte Preiserhöhungen zurück. Die Analyse der Umsatzentwicklung zeigt aber auch, dass die E-Handwerke von der mit Energiewende und Digitalisierung einhergehenden Elektrifizierung profitieren und Einbrüche im Neubau-Bereich erfolgreich durch Sanierungen kompensieren konnten. Auch der Umsatz pro Mitarbeiter erhöhte sich 2023 – um 8,6 Prozent auf nun 167.564 Euro.
Obwohl die Krise im Neubau-Bereich anhält, zeigen sich die E-Handwerke weiter resilient. Das ergab die vom ZVEH durchgeführte Frühjahrskonjunkturumfrage, an der 1.762 Betriebe teilnahmen. So sind die Umsätze im Bereich e-handwerklicher Tätigkeiten in den vergangenen sechs Monaten bei 42,2 Prozent der befragten Betriebe gestiegen. Lediglich 14,5 Prozent vermeldeten gesunkene Umsätze. Auch wenn die Umsatzsteigerungen zum Teil auf die Inflation zurückzuführen sind, zeigen die Zuwächse, dass die Dienstleistungen der E-Handwerke weiter sehr gefragt sind. Das gilt insbesondere für Dienstleistungen in Bereichen der sogenannten Zukunftstechnologien: Gegenüber der im Oktober 2023 durchgeführten ZVEH-Herbstkonjunkturumfrage wuchsen die Umsatzanteile vor allem bei der Installation von Photovoltaik-Anlagen und Speichern.
„Angesichts wachsender geopolitscher Spannungen wird der europäische Binnenmarkt immer wichtiger.“
Dr. Gunther Kegel, Präsident ZVEI
Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. (ZVEI)
„2023 ist für die deutsche Elektro- und Digitalindustrie insgesamt recht ordentlich gewesen“, bilanziert ZVEI-Präsident Dr. Gunther Kegel das vergangene Jahr. „Zum dritten Mal in Folge konnte die reale, preisbereinigte Produktion gesteigert werden – auf Basis der Zahlen bis einschließlich November um 1,4 Prozent.“ Damit habe sich die Branche in einem schwierigen Umfeld als robust erwiesen. „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Unternehmen noch historisch hohe Auftragsbestände abarbeiten konnten, als die Neubestellungen spätestens ab dem zweiten Quartal bereits zurückgingen.“ Die nominalen Erlöse der Branche erreichten im vergangenen Jahr mit 242 Milliarden Euro erneut eine Rekordmarke (plus 8 Prozent).
Abermals hat sich die in ihrer Zusammensetzung heterogene Branche uneinheitlich entwickelt. Den stärksten Produktionszuwachs verzeichneten Batterien, gefolgt von elektronischen Bauelementen, Energietechnik und Automation. Die Gebrauchsgüter dagegen verzeichneten einen deutlichen Rückgang. „Erfreulich ist, dass bei der Beschäftigung nochmals zugelegt werden konnte“, sagt Kegel. Allein in Deutschland beschäftigte die Branche zuletzt 910.000 Menschen. Angesichts des aktuell schwierigen konjunkturellen Umfelds mit Inflation, vergleichsweise noch hohen Zinsen und hohen Energiepreisen zeigt sich der ZVEI für 2024 zurückhaltend. Kegel: „Die Branche steht vor einer Wachstumsdelle. Auf Jahressicht erwarten wir, dass die reale Produktion um zwei Prozent nachgeben wird.“
Die Elektro- und Digitalindustrie ist so global aufgestellt wie kaum eine andere Branche. Auch 2023 konnten die Ausfuhren nochmals gesteigert werden, und zwar um vier Prozent auf 256 Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte – 133 Milliarden Euro – verblieb in der Europäischen Union. Dass die Unternehmen der Elektro- und Digitalindustrie weiterhin fest zum Industriestandort Deutschland und Europa stehen, zeigt auch eine aktuelle ZVEI-Mitgliederbefragung. Vier von fünf Unternehmen geben an, vorzugsweise im eigenen Land investieren zu wollen. Für mehr als die Hälfte ist Europa, aber – gleichauf – auch China ein attraktiver Investitionsstandort. Insgesamt wollen 60 Prozent der Unternehmen ihre Investitionstätigkeit weltweit erhöhen, obwohl alle Firmen die aktuelle geopolitische und politische Lage als unsicher bewerten.
In einer immer stärker von geopolitischen Erwägungen geprägten Welt müssten sich Europa und Deutschland auf ein raueres wirtschaftspolitisches Klima einstellen, so der ZVEI. Von der Europäischen Union fordert der Verband mehr Mut und eine innovationsoffenere Haltung. Kegel: „Unser Eindruck ist, dass die EU aktuell beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz vor allem regulatorisch vorprescht und dabei viel zu wenig präzise ist. Die vorliegende KI-Verordnung droht so zu einer massiven Innovationsbremse zu werden, die mit unnötigen bürokratischen Kosten und einem hohen Maß an Rechtsunsicherheit für die Industrie einhergeht.“ Positiv bewertet der Verband, dass die EU zur Stärkung ihrer technologischen Souveränität die strategische Bedeutung von Schlüsseltechnologien herausstellt.
Bundesverband Druck und Medien (bvdm)
Trotz verstärkter Bemühungen bleibt es in der Druck- und Medienwirtschaft schwierig, Ausbildungsplätze zu besetzen und Fachkräfte zu finden. Das zeigen die Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage zur Ausbildungs- und Fachkräftesituation. Drei Viertel der befragten Unternehmen bilden aus, davon haben 63 Prozent in diesem Jahr neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Es hätten sogar noch mehr sein können, aber viele Unternehmen haben trotz des Einsatzes verschiedener Maßnahmen zur Nachwuchskräftegewinnung keine Bewerbungen für ihre angebotenen Ausbildungsplätze erhalten. Ein Drittel der an der Umfrage beteiligten Unternehmen konnte keine oder nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzen. Die Anzahl der Unternehmen, die vom Fachkräftemangel betroffen sind, ist 2024 um 12 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr auf 66 Prozent gestiegen. Bei der Frage nach den Gründen für den Mangel an Fachkräften steht mit 72 Prozent „durch Renteneintritt“ an erster Stelle.
Zu Beginn des neuen Jahres bewerteten die vom ifo Institut befragten Entscheider der Druck- und Medienunternehmen ihre aktuelle Geschäftslage etwas besser als im Vormonat. Gleichzeitig fielen ihre Erwartungen hinsichtlich der Geschäftsentwicklung der nächsten sechs Monate erneut deutlich weniger pessimistisch aus als im Vormonat. Die Werte für das Geschäftsklima nahmen daher sichtlich zu. Die Ausprägungen der aktuellen und erwarteten Geschäftslage bestimmen die Entwicklung des Geschäftsklimas, das einen guten Vorlaufindikator für die Produktionsentwicklung der Druck- und Medienindustrie darstellt.
Im März lag der saison- und kalenderbereinigte Index zur Geschäftsentwicklung aber rund 8,3 Prozent unter dem Wert aus dem März 2023. Nur rund 12 Prozent der Unternehmen gaben an, eine signifikante Besserung ihrer Geschäftslage in den nächsten sechs Monaten zu erwarten, während rund 38 Prozent der Befragten von einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage ausgingen. Rund 50 Prozent standen der zu erwartenden Entwicklung neutral gegenüber.
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